Mittwoch, 1. Juni 2016

Trockenzeit in Cochabamba

Die Regenzeit beginnt in Cochabamba im November mit schwachen Niederschlägen, von Dezember bis Februar sollte es stark regnen, um im März langsam auszuklingen –normalerwiese - wäre da kein Klimawandel und kein “El Niño” Jahr.

 Pasorapa, Cochabamba, November 2015
Im September 2015 sind wir in Cochabamba angekommen, es war trocken, staubig und windig. Die Menschen erwarteten sehnlichst den Regen.  Als im Dezember kaum Tropfen gefallen sind, wurden viele Menschen unruhig. Auf Reisen zu den verschiedenen Dorfgemeinschaften in welchen Projekten der Frauengruppen laufen, sahen wir bis aufs Skelett abgemagerte Kühe die versuchten Kaktusse mit Stacheln von 5cm Länge zu fressen. Die Regierung organisierte Wassertransporte, trotzdem sind viele Tiere eingegangen. Wir beobachten, dass die Regierung bei Naturkatastrophen Unterstützungsprojekte organisiert, präventiv aber kaum aktiv ist.

Bereits jetzt hören wir Diskussionen von besorgten Dorfbewohnern, in welchen sie über die diesjährige Ernte berichteten. “Ja – der Mais könnte knapp reichen, doch die Kartoffelernte war schlecht, bis zum nächsten Regen reicht es nicht.” In den kleinen Dorfgemeinschaften wird für den Eigenbedarf angepflanzt. Sollte die Ernte ausserordentlich gut ausfallen, würde der Überschuss auf den umliegenden Märkten verkauft. Das wird dieses Jahr kaum der Fall sein.

Nun ist bereits Juni, im Januar und Februar fiel zwar Regen, doch zu wenig. Die Wasserreserven wurden nicht ausreichend aufgefüllt. Gut sichtbar ist dies an den Seen, oben in den Bergen Cochabambas. Das Wasser ist bereits jetzt, im Juni, knapp – und die trockenste Periode beginnt erst. Dies betrifft die Berg- und Talregionen von Cochabamba, anders sieht es in der tropischen Region des Departements aus, im Chaparé. Im Februar regnete es dort sehr stark, grosse Flüsse traten über die Ufer und zerstörten Häuser und Felder.

Was bedeutet dies für die Menschen? Die Landbevölkerung ist am ersten und stärksten betroffen, da ihre Einkommen von der Ernte und somit vom Wetter abhängig sind. Wer nicht genug zum Überleben erwirtschaften kann, ist auf Unterstützung von der Familie und Bekannten angewiesen, gibt es diese Unterstützung nicht, ist oft die Migration in die Stadt oder ins Ausland die einzige Hoffnung. Vom Leben in der Stadt erhoffen sich viele eine Arbeit, Zugang zu einem Gesundheitssystem und Bildung für Kinder und Jugendliche. Diese Dinge sind zwar vorhanden, doch nicht für alle im gleichen Ausmass. Oft weisen diese MigrantInnen eine sehr geringe schulische Bildung vor und sprechen nicht fliessend Spanisch, Quechua ist hier meist ihre Muttersprache. Dies schränkt die Chancen auf dem Arbeitsmarkt ein und erschwert das Alltagsleben. Eine weitere Herausforderung bedeutet das Verlassen des unterstützenden Familiensystems. In der Schweiz institutionalisierte Hilfsangebote sind in Bolivien meist Aufgabe der Familie (ausser man hat genug Geld um sich ausserfamiliäre Unterstützung zu kaufen).

Die Trockenzeit betrifft die Menschen auf dem Land stärker und direkter, doch auch in der Stadt sind die Auswirkungen spürbar. Gerade am Stadtrand sind viele Haushalte nach wie vor nicht am städtischen Wasserversorgungssystem angeschlossen, andere haben einen Anschluss, doch fliessendes Wasser gibt es täglich nur an wenigen Stunden.

                                                                       Quinua- Bauer im Altiplano
Wie die Regierung dieses Jahr reagieren wird, ist noch nicht bekannt. Noch hat es Wasser und Nahrungsmittel. In früheren Jahren wurden Wassertanks, Saatgut und teils auch Nahrungsmittel den am stärksten betroffenen Gebieten zur Verfügung gestellt. Diese Projekte erreichten leider nicht alle Betroffenen – hier spielten die Nichtregierungsorganisationen mit Notfallprojekten eine wichtige Rolle. Durch internationale Unterstützung konnten sie dort in die Bresche springen, wo keine staatliche Hilfe hin kam und später präventive Massnahmen ergreifen um zukünftigen Katastrophen vorzubeugen. Durch diese Massnahmen reichen die Wasserreserven nun ein bisschen länger.






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