Sonntag, 5. März 2017

Erster Freitag im Monat



                                                                                                                Die K`oa

Jeweils am ersten Freitag des Monates sind die Strassen Cochabambas in Rauch gehüllt und es riecht seltsam nach verbrannten Kräutern und Harzen. Dies ist der Moment der K`oa, ein andines Ritual, das seinen Ursprung in der prähispanischen Zeit findet. Letze Woche war der wichtigste Tag im Jahr, um dieses Ritual zu vollziehen - der Martes de ch`alla, Karnevals-Dienstag. Ein Freund erklärt mir, dass die Verbindung zur Pachamama (die Muttererde) Dienstags und Freitags besonders intensiv ist. Aus diesem Grund werden am ersten Freitag des Monats und am Karnevals- Dienstag der Pachamama Geschenke gemacht und sie wird um ihren Segen gebeten.


Ablauf der Zeremonie

                                  Beim ch`allar in Tapacari
Auf einem Blatt Papier wird ein Kraut (die K`oa) platziert und in Lama Wolle eingebettet. Rundherum werden je nach Wunsch verschiedene Symbole verteilt. Zum Beispiel Papiergeld, kleine Figürchen aus Zucker in Form von Autos, Häuschen, Hufeisen usw. Das Ganze wird mit weiteren Kräutern und Harzen garniert und fertig ist die Opfergabe. Auf den Märkten können diese mesas fixfertig gekauft werden, oder sie werden individuell je nach Bedürfnis zusammengestellt.

Erst wird die Kohle angezündet. Sobald diese glüht, wird das Papier mit der Opfergabe vorsichtig daraufgelegt. Nun verbrennt diese langsam und ein dichter Rauch steigt in den Himmel. In diesem Moment sind alle anwesenden eingeladen zum ch`allar. Dabei wird ein wenig Chicha (ein fermentiertes Maisgetränk), Wein oder purer Alkohol gegen den Uhrzeigersinn um die K`oa gespritzt. Danach trinkt man selbst einen Schluck und lädt den Nächsten zum ch`allar ein. Beim challar wird Pachamama etwas gegeben, zum Dank für alles, was man von ihr erhält. Es ist ein Symbol der Reziprozität. Nicht selten wird dieser schöne Moment des Zusammenseins genutzt, um ein Fest daraus zu machen und die Strassen Cochabambas füllen sich am ersten Freitag im Monat mit Menschen. Der Martes de ch`alla wird dagegen in der Familie oder auf den Märkten gefeiert. An diesem Tag ist die Stadt lahm gelegt, alles ist zu und die Strassen gespenstig leer. Dafür hört man die Feuerwerke knallen, deren Rauch sich mit dem der K`oa vermischt und in den Himmel steigt. 

Die Opfergabe als Symbol

                               verbrennende K`oa
Das Verbrennen der K`oa ist ein Symbol der Wechselseitigkeit mit der sichtbaren Welt und dem Übernatürlichen, wobei der Rauch die Verbindung zwischen diesen beiden Welten herstellt. Stets am ersten Freitag des Monats wird diese individuelle Opfergabe für Pachamama erbracht, um deren Segen für verschiedenste Dinge, wie zum Beispiel Glück, Gesundheit, eine gute Ernte, Geld oder das Haus zu erhalten, aber auch um ihr etwas zurückzugeben. Pachamama möge gerne Zucker, erklärte man mir, daher sind die Symbole für Glück, Erfolg, etc. aus Zuckermasse gefertigt.  Die K`oa wird oft auf den Türschwellen der Häuser, des Büros oder Geschäfte angezündet, um diese zu segnen. Auch bei Hochzeiten, Geburtstagen und anderen Gelegenheiten, bei denen die Pachamama um ihren Segen gebeten wird, wird dieses Ritual vollzogen.

Freitag, 24. Februar 2017

Geschafft!

                                      Kita Lagunita - PLANE, Oktober 2016
Seit September 2016 ist Ciudadanía ein treuer Besucher auf der Gemeindeverwaltung und beim Amt für Gesundheit und Erziehung (Gobernación). Wie ihr vielleicht aus den Rundbriefen wisst, versuchen wir seit Monaten die Betriebsbewilligungen für unsere Kitas zu erhalten um per 2017 in die Liste der staatlichen Kitas aufgenommen zu werden. Fast täglich schaute schnell jemand in diesen Büros vorbei um sich zu vergewissern, dass unsere Dokumente nicht verschwunden sind, beziehungsweise, um zu helfen, verschwundene Dokumente wieder zu finden, um darauf aufmerksam zu machen, dass es um die Kinder geht und nicht um die Eltern die sich in der falschen politischen Partei engagieren, um die Bürogummis zu einem Besuch in der Kita einzuladen oder ganz einfach um sicherzustellen, dass sie uns nicht vergessen.
Das klingt ein bisschen penetrant und aufdringlich, ich weiss. Doch ich denke, aus dem Grund kann ich heute die gute Nachricht überbringen: Wir werden ab dem neuen Schuljahr (März) von der Gemeinde und der Gobernación unterstützt. Erstere übernehmen die Lohnkosten für das Betreuungspersonal und letztere werden haltbare Lebensmittel wie Reis, Mehl, etc. bezahlen. Das heisst, die Kita muss nur für frische Lebensmittel wie Früchte, Gemüse oder Fleisch und das didaktische Material selber aufkommen. Allfällige kosten für Mobiliar deckt die Gemeinde nach bedarf. Es bleibt zwar noch eine beachtliche Summe, die die Mütter selber finanzieren müssen, doch mit dem kleinen Beitrag von ca. 50Rappen pro Tag und Kind werden sie dies schaffen.

Die Budgetplanung von Gemeinde und Gobernación wurde ende November abgeschlossen, wir waren nicht drin und die Betriebsbewilligung erhielten wir am 29. Dezember 2016. Da wir lange nicht wussten, ob wir tatsächlich unterstützt werden im neuen Jahr, organisierten die Mütter im Dezember ein Solidaritätsfest. Mit diesen Einkünften überbrücken sie nun die ersten Monate in diesem Jahr, bis die Verträge unterschrieben sind und die versprochenen Zahlungen wirklich eintreffen.

Trotz allem wird in der Kita noch nicht gefeiert. Das Misstrauen gegenüber Behörden ist gross, zu oft wurden den Frauen leere Versprechungen gemacht. Da die Abkommen aber unterzeichnet wurden, die offizielle Kita- Liste veröffentlicht ist und auch meine Organisation keine Bedenken zeigt, freue ich mich trotzdem schon!